weinpraesente

Hier einige meiner veröffentlichungen in der Fachpresse

     

10/1995
09/1997
10/1997
01/1998

GESICHTER DER STADT
"Wein schmeckt oder er
schmeckt halt net!"

In unserer Reihe "Gesichter der Stadt" haben wir mit "Wein-Harry" Hochheimer ein wenig Rebensaft verkostet. TEXT: BASTIAN FIEBIG; FOTO: HARALD SCHRÖDER

LOKFÜHRER, Feuerwehrmann, Geheimagent, Tierärztin, als Erwachsener später vielleicht Popstar oder Modezart - Traumberufe gibt es viele, aber selten sind sich alle so einig, wenn jemand in heimlicher Runde zugibt, dem Beruf Weinberater nachzugehen. Man sieht sich vor seinem geistigen Auge mit den Schönen und Reichen der Welt bei erlesensten Tropfen über gute Musik, das neue Hotel auf den Malediven oder einfach nur über die besten Restaurants der Welt parlieren, um anschließend dem "Kunden" (denn ei­gentlich sind das ja alles gute Freunde) den Keller voll zupacken mit sündhaft teuren Kreszenzen der besten Chateaux des Bordelais.
Dass die Wirklichkeit oft anders aussieht, davon weiß Harry Hochheimer zu berich­ten: "Es ist ein harter Job, wenn du dein Essen mit Trinken verdienen musst", so der nie um einen Scherzoder eine Anekdote verlegene Gormet.
Vom Traumjob zur Knochenarbeit ist es nur ein kleiner Schritt, wenn bei einer Probe 140 Weine verkostet werden wollen - an einem Vormittag. Da rollt der Amateur die Augen nach oben und ergeht sich in Phantasmen von trunkenen Testern, während die jedoch jeden Wein ausspucken, um dem Vollrausch zu entgehen. Der Geschmackssinn wird allerdings in höchstem Maße gefordert, und das mehrmals in der Woche, sodass einem der Spaß da schnell vergehen kann, wenn man nicht so leidenschaftlich an die Sache herangeht wie Harry Hochheimer. Der waschechte Frankfurter Bub absolvierte seine Ausbildung als Koch, Kellner und Betriebswirt an der Hotelfachschule in Heidelberg, bevor es ihn 1977 zur im Aufbau befindlichen Handeisagentur DC Weinimport verschlug. Mit gerade mal vier importierten Weinen ging es los, sein damaliger Chef fuhr nicht gern Auto, also war Hochheimer überall dabei, wo eine Flasche entkorkt wurde, und sammelte auf diese Art und Wei­se einen großen Schatz vinophiler Erfahrungen. Ob mit Joschka Fischer oder anderen prominenten Genussmenschen, immer war "Wein-Harry" zur Stelle, wenn es darum ging, seltene Flaschen zu organisieren und natürlich auch zu öffnen. So wuchs das Unternehmen, und Hochheimer machte sich 1987 selbstständig, ohne jedoch seiner alten Firma vollständig den Rücken zu kehren. Seinen Wohnsitz verlagerte er aufs Land in das verträumte Altendiez, um ab und an dem Trubel der Stadt entrinnen zu können, aber den braucht er dennoch wie die Luft zum Atmen - also zieht er demnächst wieder näher ran an die Metropole, in der er als selbstständiger Weinberater für die Gastronomie arbeitet, Küchenchefs in Sachen Harmonie zwischen Wein und Speisen berät, Trouvaillen besorgt und sich für den Nachwuchs engagiert: Bei IHK-Prü­fungen ist er als Juror dabei und lehrt Wein- und Getränkekunde. Wer sich unter Harry Hochheimer aber einen Menschen mit steifer Oberlippe und der beim Thema Wein so gefürchteten arroganten Art vorstellt, der liegt völlig daneben: "Ich kanns net habbe, wenn Brimborium gemacht wird. Mer kann einem Mensche doch net erkläre, warum ihm der Wein schmecke soll!" Hochheimer ist mit seinen nun beinahe 60 Jahren Seminarleiter aus Passion, der neben seinem professionellen Gewerbe auch "Laien" in die Kunst des Weingenusses einführt, und das zu für ihn durchaus un­vorteilhaften Konditionen, denn allein die Kosten für den Wein übertreffen meist seine Gage. Wenn man aber seinen gern verwendeten Einleitungssatz hört - "Zwei Dinge kann ich net leide: dass Spaß gemacht und denn aach noch gelacht wird!" - und dabei der Schalk in seinen Augen blitzt, merkt man schnell, dass man es mit einem Überzeugungstäter zu tun hat. Die Mode­ration ist humorvoll, flüssig und immer nah am Thema, denn "alle Theorie ist tro­cken". Er bezeichnet sich selbst als einen legalen Drogendealer und einen verrückten Weinfreak, der natürlich gut weiß, dass er bei solchen Workshops den kulinarischen Nachwuchs heranbildet, der später seine Weine in der Gastronomie konsumieren soll. "Wenn die Gastronomen ihre Wein­preise endlich mal moderater kalkulieren würden, dann gingen auch deutlich mehr Flaschen über den Tresen" - eine Erkennt­nis, der sich die von ihm beratenen Restau­rantchefs teilweise schon angeschlossen haben. Seine ganz persönliche Leidenschaft gilt den alten Weinen, die in Jahrzehnten der Lagerung ihre Persönlichkeit heraus­bilden konnten und deren Geschichten er vortrefflich zu übersetzen weiß - mit Humor und Sachverstand.
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Lokalanzeiger „Lahnpost“ 19. KW 2007

Trinken, um's Essen zu verdienen
Harry Hochheimer: Der berühmte Wein-Fachmann, den es aufs Land verschlagen hat

 

 

Gerne verkostet Harry Hochheimer in seinem gut gekühlten Weinkeller einen guten Tropfen mit Freunden.

Foto: Bader

 

Von MIRKO BADER

ALTENDIEZ. "Weinberater ist ein harter Job Ich muss mein Essen mit Trinken verdienen!" Um einen Scherz ist sich Harry Hochheimer niemals zu schade. Seine Augen blitzen listig, als er in seinem gut gekühlten privaten Weinkeller in Altendiez sein Glas erhebt - diesmal "nur für ein Foto, doch die selbe Geste dürfte "Wein-Harry" hunderttausende Male in den vergangenen Jahrzehnten ausgeführt haben.

Harry Hochheimer, das ist der Frankfurter Bub mit der typischen Frankfurter Schnauze; den es vor einigen Jahren nach Altendiez verschlagen hatte, wegen der Liebe zu seiner Frau (,,Mein größtes Hobby") und der Aussicht auf eine 44 Quadratmeter große, fabelhaft eingerichtete Küche und sicher auch wegen der ländlichen Ruhe. Doch der Wirkungsbereich des 59­Jährigen ist immer noch vor allem das Rhein-Main-Gebiet sowie - wie es sich für einen Weinkenner gehört die deutschen Weinbaugebiete Rheinhessen, Rheingau, Pfalz etc.

Und in der Welt ist er zuhause, mit Vorliebe in Frankreich, stets auf der Suche nach neuen Weinkreationen. „In Frankfurt bin ich bekannt wie ein bunter Hund", sagt der "Wein-Har­ry". Jahrzehntelang hat er Gastronomen geschult, ihnen ein "Näschen" für den richtigen Wein fürs richtige Essen gegeben, viele führende Sommeliers verdanken ihm ihre Kenntnisse. Unter anderem ist er für die IHK Frankfurt tätig. Er trat im Fernsehen auf, gibt Tipps übers Radio, ist in vielen Medien vertreten - kurzum er ist so etwas wie der Franz Beckenbauer der Frankfurter Gastronomie-Szene. Dabei offenbart ein Besuch in der Idylle von Altendiez, dass dieser Mann keineswegs zu den oberen 10.000 gehören will, dazu ist er viel zu bodenständig, zu "frank­fodderisch". "Wein trinken ist Emotion", sagt "Wein-Harry", "entweder es schmeckt einem oder es schmeckt einem halt net." Und: "Ich kanns net habbe, wenn Brimborium gehalde werd. Mer kann einem Mensche doch net erkläre, warum ihm der Wein schmecke soll."

Allein am Preis könne man einen schmackhaften Wein nicht erkennen. Viel besser ist es dann schon, wenn man den passenden. Wein zum richtigen Gericht genießt. Und hier räumt Harry Hochheimer mit so manchem Wein-Küchen-Latein auf: ,,Natürlich kann man auch einen roten. Wein mit Fisch oder Spargel kombinieren, oder dunkles Fleisch mit einem Weißwein verkosten ­ die Kombination muss nur stimmen."

Und: Der "Wein-Harry" ist .keineswegs bier-, pardon weinernst. Spaß und Lebensfreude sind untrennbar mit dem Wein verbunden - das weiß wohl niemand besser als Harry Hochheimer.
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